Warenkorb

C. L. Kaulbach - Uriel der Teufel. Ein satirischer Roman in acht Büchern. Mit 2 Titelbildern. Erster und zweiter Band.

PREIS: 23.90€
Artikelnummer: PD-3109
ISBN: 978-3-903241-66-4
Seiten: 468

Beschreibung

Textauszug: "Schlecht unterrichtete Schriftsteller haben die sehr irrige Ansicht verbreitet, als sei das Leben in der Hölle ein so kannibalisch tolles und wüstes, dass man sich auf dieser Welt nichts Ärgeres denken könne. Diese Ansicht ist eine grundfalsche, und ich würde nicht begreifen, wie eine so dumme Lehre so viel Anhänger habe finden können, wüsst’ ich nicht längst aus Erfahrung, dass die Menschen gerade das Unsinnigste zu glauben am stärksten geneigt sind.

Ich sag’ Euch nun, in der Hölle geht Alles fein manierlich, zierlich und ordentlich her. Man ehrt und liebt sich, hat seine Verteidiger, Fürsprecher und Freunde. Man ist höflich, und zwar höflicher als irgendwo. — Das werdet Ihr nun bezweifeln, es unglaublich und unvernünftig nennen; aber ich will’s Euch begründen.

Die Hölle zivilisiert sich und sie bleibt in ihren Bestrebungen immer nur ein oder einige Menschenleben hinter der Zeit zurück, was bei der ungeheuren Ausdehnung des Höllenreichs — wo alles Licht von einer Mittelsonne ausstrahlen muss — — die am weitesten von ihr Entfernten erhalten es also doch am spätesten — — und bei seiner aus unzählig verschiedenen Völ-kerschaften zusammengesetzten Bevölkerung — gewiss viel sagen will.

Es versammeln sich dort von Jahr zu Jahr, von Tag zu Tag die größten Lichter der Zeit — Planeten, Kometen, nur keine Fixsterne — Gelehrte, Künstler, Dichter, Hof-, Staats- und Lebemänner. Man weist keinen Ankömmling zurück, sondern jeder rührige Einwanderer ist sofort ein willkommener Staatsbürger und findet seinen Platz. Das öffentliche Leben kann also nicht anders als glänzend und in jeder Hinsicht musterhaft ausfallen. Deshalb zieht es auch die meisten Sterblichen — unter ihnen besonders die strebenden Geister — bewusst und unbewusst dorthin, und mit Recht: ist doch die Hölle das große Paris des ganzen Universums.

Man hält trotz des Fortschrittes wacker am Hergebrachten fest und jede Neuerung bleibt so lange verbotene Ware, bis sie veraltet ist. Das schützt vor zu schneller Umwandlung des Bestehenden — weckt leider aber erst recht revolutionäres Unwesen. Doch weiß man dies gewöhnlich noch früh genug zu dämpfen, und so geht denn Alles in gewohnter Ordnung d’runter und d’rüber.

In der Hölle herrscht Reichtum und bekanntlich ist in des-sen Gefolge höchste Bildung, feinste Gesittung — freilich versteh’ ich unter dieser nicht die altmodische Sitte, denn die hält sich mehr zu Spießbürgern und ganz armem Volk. — Bildung ist Manier zu leben, Gesittung bezeichnet die verschiedenen Grade der Achtung und Ehrfurcht vor sich selbst und Andern, die ebenfalls reich sind. Es gibt sich nun wohl von selbst, dass die Abstufungen der Gesittung ins Unendliche gehen, aber man schätzt sie gewissenhaft und strebt zu immer höheren Graden hinan.

Zwar gibt’s auch in der Hölle einen sich überall vordrängenden Plebs; doch verdient der kaum so viel Beachtung, hier nur genannt zu werden. Bei äußerster Unverschämtheit wird er leicht mit Bajonetten und Knuten in seine streng gezogenen Schranken zurückgewiesen.

Was die Menschen Herz nennen und unter ihnen eine so bedeutende Rolle spielt, hat in der Hölle gar nichts zu sagen. Gefühle kennt man nicht, außer die des Hasses, Neides, der unterdrückten Wut und des Schmerzes. Schon das nötigt zur Höflichkeit.

Mit Höflichkeit verletzen tut ja doch auch am wehesten und man deckt sich zugleich am besten damit vor Gegenverletzung. Schon ein, recht höflich zugeworfener Gruß mit entsprechendem Bückling kann dem Gegner Dolch- und Skorpionenstich werden. Ein fester inniger Handdruck wird ihn bedeutend lähmen, sein kochendes Gift niederschlagen und es ihm zum eigenen Verderben bereiten. Eine Umarmung kann töten, ein glühender Kuss grimmige Feindschaft werten, erneuern und ihr Ewigkeit geben. Man hat hierfür schon auf Erden treffliche Beispiele und ich will nur an die bekannten des Joab und Judas erinnern. Doch gehört zu dieser Höflichkeit, wie zu allem Vorzüglichkeit, viel natürliches Talent, angeborenes Genie, und ohne das wird man’s nie weit darin bringen. Zwar lässt sich durch eifriges Studium immer etwas erreichen.

Man liebt sich, hat seine Verteidiger, Fürsprecher und Freunde, und das alles in Worten und für bloße Worte. Das gegenseitige Wohlwollen kostet nichts als einige wohlklingende Laute, Versicherungen, Handdrücke — wie oben — kurz: nichts als etwas in der Lunge und den Luftröhren gewärmten Wind, den man ja doch von sich geben müsste. Wer möchte sich nun einer Freundschaft entziehen, die man so wohlfeil, fast ganz umsonst hat? Niemand.

Daher gibt’s auch in der Hölle zahlreiche Vereine, Schwester- und Bruderschaften, und es ist eine Lust, ihre Zusammenkünfte, liebevollen Begrüßungen, ihr harmonisches Zusammenwirken zu sehen; eine Wonne, ihre Beratungen zu hören, worin die kleinsten Dinge große Bedeutung gewinnen und die größten schwierigsten, meist federleicht durch das friedliche Wort entschieden werden. Die Verhandlungen gehen parlamen-tarisch, d. i. tumultuarisch, vonstatten und der Redner hört oft vor dem vielen „Hört! Hört!“ von allem sein eigenes Wort nicht. Doch lässt sich dadurch nicht so leicht Jemand in seiner Ansicht beirren und die ganze Versammlung fasst gewöhnlich mit Mehrzahl einen Beschluss, worauf allein es doch eigentlich ankommt.

Der einsichtsfähige Leser wird aus diesem Wenigen zur Genüge entnehmen, welch ein guter gesellschaftlicher Ton in der Hölle herrscht, und wie die früheren Schilderungen höllischer Zustände eitel Schaum und Lügen sind. "


Inhalt.

Erster Band.

Erstes Buch
Skizze 1. Welche als Vorskizze zu betrachten ist und mithin Gefahr läuft vom eiligen Leser überschlagen zu werden
Skizze 2. Fortsetzung der Vorskizze. — Die Vision. — Schluss der Vorskizze
Skizze 3. Die erste aus Uriels Papieren. — Anrede. — Über guten Ton in der Hölle. — Ungestüme Debatte. — Wie Satan mysticus sich entschließt, einen Sohn zu haben
Skizze 4. Wie Satan mysticus ferner beschließt, seinen Sohn nach Deutschland zu schicken. — Was ihn dazu bestimmt und wen er zu seinem Begleiter erkor
Skizze 5. Uriel des Teufels erste Höllen- und Erdenfahrt
Skizze 6. Fortsetzung der ersten Höllen- und Erdenfahrt Uriel des Teufels
Skizze 7. Fürst Osmin von Duslingen
Skizze 8. Die Verjüngung des Fürsten Osmin von Duslingen — Liebesphantasmagorien. — Volksjubel und Fürstenglück
Skizze 9. Menschwerdung. — Eine Skizze, welche ein Faktum enthält, welches seiner unzarten Natur halber von zarten Leserinnen ungelesen bleiben sollte, wäre das Faktum nicht gar zu wichtig und hier mit großem Zartsinn behandelt
Skizze 10. Gründliche Geschichtsschreibung. — Das Brandmal

Zweites Buch
Skizze 11. Einige Floskeln — Mutter — und Liebeswehen —
Eine Skizze, die recht unterhaltsam ist, wenn sie nur recht gelesen wird
Skizze 12. Abermals einige Floskeln. — Die ersten Wanderungen Uriel des Teufels
Skizze 13. Fortsetzung der ersten Wanderungen Uriel des Teufels
Skizze 14. Einiges über vorige Bekanntschaften. — Schluss der ersten Wanderungen Uriel des Teufels
Skizze 15. Jugendfreuden und Erziehungsleiden. — Baron Teufel auf Teufelsburg. — Der Industrielle
Skizze 16. Der junge Baron Uriel soll und will sich frühzeitig zum Weltmann bilden, macht Bekanntschaften und — verliebt sich
Skizze 17. Die Geschichte eines Menschenfeindes
Skizze 18. Fortsetzung und Schluss der Geschichte eines Menschenfeindes
Skizze 19. Wirkung der vorigen Erzählung auf den jungen Baron
Skizze 20. Ein Testament, Tod und Begräbnis

Drittes Buch.
Skizze 21. Besuch, Theatergespräch, eine neue göttliche Oper und andre Denkwürdigkeiten
Skizze 22. Die Drachenhöhle
Skizze 23. Der heilige Bund
Skizze 24. Urdeutschheit. — Ein Bankett und Bacchanal
Skizze 25. Wacher Traum über Schön-Hexlein
Skizze 26. Entschuldigung der vorigen Skizze. — Ein zwei-ter Besuch in der Drachenhöhle
Skizze 27. Schön-Hexlein
Skizze 28. Besuch bei einem Maler. — Unterhaltung mit ihm
Skizze 29. Baron Uriel mutet auf ein Geheimnis; er findet denn auch eines
Skizze 30. Ein Blick in die Nacht eines Künstlerlebens

Viertes Buch
Skizze 31. Zwei nächtliche Abenteuer
Skizze 32. Wie man ohne Wissen und Wollen über Nacht ein politischer Dichter wird
Skizze 33. Wie die bescheidene Kunst so stolz ist, ihren würdigsten Lohn in sich selbst zu finden. — Was man einem Konkurrenten zum Trotz Alles vermag
Skizze 34. Floskeln. — Eine Unterredung mit Mutter Lucinden, worin sich letztere als eine kluge und wohlwollende Frau darstellt
Skizze 35. Rascher Entschluss, eine Unschuld zu retten — Auch Michel bietet dazu seine Hand. — Verzweifelter Kampf in der Drachenhöhle. Wie sich die „großen Häupter“ dabei benehmen — Die Entführung der Prinzessin
Skizze 36. Worin sich herausstellt, dass Baron Uriel nur etwas gefoppt wurde. — Wie er deshalb noch ärger gefoppt wird


Zweiter Band.

Fünftes Buch.
Skizze 37. Ein geschundener Märtyrer, aber kein Heiliger. — Auf irdische Leiden himmlische Freuden
Skizze 38. Fortdauer himmlischer Freuden. — Schlimme Überraschung und ein erträgliches Wiedererkennen
Skizze 39. Wie Abazurus seinen Livreewechsel entschuldigt. — Er teilt seinem Herrn in Kürze den Hergang seiner wunderbaren Lebensrettung mit
Skizze 40. Pudel Abazurus zeigt sich immer mehr nie ein intelligenter und brauchbarer Mensch, weshalb Baron Uriel nicht länger ansteht, ihn als Johann in Dienst zu nehmen, gegen welchen Namen jedoch Abazurus eifrigst protestiert
Skizze 41. Zarte Aufmerksamkeit. — Wie man zugleich berüchtigt und berühmt wird
Skizze 42. Viele Bekanntschaften auf einmal. — John Paul Schlangenhaupt
Skizze 43. Gründliche Abwehr einer unnatürlichen Hungersnot
Skizze 44. Geistiger Katzenjammer. — Eine gelehrte Frau kann auch vernünftig und liebevoll sein — wenn sie just nicht gelehrt ist

Sechstes Buch.
Skizze 45. Worin sich John Schlangenhaupt als ein großer Phantast darstellt
Skizze 46. Der kleine Mandarin und der große Knopf. Ein politisches Märchen
Skizze 47. Fortsetzung des politischen Märchens
Skizze 48. Schluss des Märchens vom kleinen Mandarin und dem großen Knopf
Skizze 49. Kritik des vorigen Märchens
Skizze 50. King-Kangs Reise in sein himmlisches Reich
Skizze 51. Fortsetzung der chinesischen Hof-, Dorf- und Stadtgeschichte nebst Reisebeschreibung
Skizze 52. Schluss der Reise King-Kangs in sein himmlisches Reich
Skizze 53. Spott, ein wirksames Mittel gegen die Neigung zum Spott. — Landschaftlicher Besuch
Skizze 54. Sehr lebendige altgriechische Staffage. — Gol-dene Zeit. — Der Vogel der Leda. — Ein Nereide. — Aphrodite. — Seltsame Verwechslung und, was daraus folgt, Überraschung. — Was sich noch weiter daraus entwickelt
Skizze 55. Abazurus bewährt sich in Liebesaugelegenheiten als ein solider Mensch. Er rät seinem Herrn, lieber zu heiraten, als noch länger den Paris zu spielen, zumal dies bei einer neuen Helena eine überaus verächtliche Rolle sei. — Eine Skizze voll Moral und Witz . . .
Skizze 56. Eifersuchtsvariationen
Skizze 57. Schon ist der Liebe geheimes Glück — doch un-ter der schwellenden Knospe starrt der Dorn, unter üppigem Grün lauscht die lüsterne Schlange
Skizze 58. Zweifel und Qualen. — Himmel und Hölle. — Ein Gespensterwettrennen

Siebentes Buch.
Skizze 59. Worin die Möglichkeit einer unendlichen Steigerung des Elends nicht in Abrede gestellt wird
Skizze 60. Die Einsiedelei aus der Heide. — Der Brahmane
Skizze 61. Eine Legende
Skizze 62. Worin bewiesen wird, dass nur das Gute ist und das Böse sich nicht ungestraft leugnen lässt
Skizze 63. Reisebilder. — Die Wüste. — Die Oase. — Eine Dorfgeschichte. — Reiner Naturgenuss
Skizze 64. Rüstung zur Weiterreise, die sich erträglich anlässt. — Das Land der freien Kabaren . . .
Skizze 65. Ein etwas langes Mittagessen. — Weiterreise und Ankunft aus Schloss Kabar. — Vielversprechender Empfang
Skizze 66. Die Burg. — Der Burggeist — Die Parasiten und des Abazurus Nase
Skizze 67. Modern-mittelalterliche Maskerade. — Das rote Gespenst. — Der König Pharao und sein Groll

Achtes Buch.
Skizze 68. Traumleben
Skizze 69. Magendressur. — Ein neuer Faust
Skizze 70. Ein Morgenritt
Skizze 71. Eine Tragikomödie. — Prolog und Epilog
Skizze 72. Große Aufregung im Lande der freien Kabaren. — Treue Liebe
Skizze 73. Wie Baron Uriel Teufel aus Liebes- und Lebensüberdruss Einsiedler wird und sich bereden lässt, die Skizzen seiner Erfahrnisse niederzuschreiben

Teilen